Spielzeit Vorwort 2019/20
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Theaterfreunde,
wir hatten inzwischen häufiger Gelegenheit mit Ihnen, unserem Publikum, ins Gespräch zu
kommen und freuen uns über Ihr Interesse an den Entwicklungen im Theater und speziell
im Schauspiel.
Die Spielzeit 2019/2020 beginnt fast zeitgleich mit den Landtagswahlen in Brandenburg.
Wahlen in bewegten Zeiten. Die Vorhaben der kommenden Monate fußen auf unserer
intensiven Beschäftigung mit den Themen, die uns alle umtreiben. Begriffe wie „Heimat“,
„Zukunft“ und „nationale Identität“ sind vielerorts Ausgangspunkt öffentlicher wie privater
Debatten und werden das konzeptionelle Fundament unserer künstlerischen Arbeit bilden.
Wir hoffen weiterhin auf einen konstruktiven Dialog zwischen allen gesellschaftlichen
Kräften und möchten unseren Beitrag durch einen interessanten Diskurs zu den Fragen
der Zeit leisten.
Nach einem Auftakt zwischen romantischer Schauer-Revue (THE BLACK RIDER) und
radikaler Erstbegegnung (WARTEN AUF STURM) liegt ein Premierenschwerpunkt auf
einem Klassiker: Ich selbst werde mich in einem FAUST-Doppelprojekt zunächst Goethes
Nationaltragödie und anschließend im ANTIFAUST einem diabolischen Kommentar auf
eben jene Arbeit widmen. Möglicherweise ist ja Goethe, unser großer Dichterfürst, in der
Lage, dem Volk zur Stärkung seiner nationalen Identität zu verhelfen? FAUST und
ANTIFAUST. These und Antithese. Ein Kräftemessen der Kunst mit der wachsenden
Identitärpolitik.
Zeitgleich entwickeln wir eine zunächst dreiteilige Theaterserie (DER RISS), die sich
unmittelbar mit den drängenden Themen der Gegenwart beschäftigt.
Zum Abschluss untersucht Regisseur Gordon Kämmerer im Großen Haus in DER WALD
eines der beliebtesten Motive der deutschen Kulturgeschichte auf Wurzeln und Triebe –
während in der Kammerbühne der BürgerSprechChor in FLUCHTPUNKT diversen
Cottbuser Identitäten Stimmen verleiht.
Um das Theater als Ort, an dem gesellschaftliche Konflikte verhandelt werden, zu stärken,
schaffen wir ab September 2019 im Foyer der Kammerbühne die ANGSTBEFREITE
ZONE (ABZ) – Die „Schauspielbar“ für freigeistige Gegenwartsanalysen und performative
Zukunftsvisionen. Dort entwickeln wir Spiel-, Denk-, und Sprachräume für alle Themen, die
uns abseits der Premieren unter den Nägeln brennen.
Ich hoffe, Sie freuen sich mit mir auf eine interessante neue Spielzeit und scheuen sich
nicht, mit uns über unser aller Zukunft und die Zukunft des Theaters in einer sich ständig
wandelnden Wirklichkeit zu debattieren.
Jo Fabian